BGH stärkt Versicherte: Das vertraglich vereinbarte Krankentagegeld darf nicht einfach gekürzt werden

Der Inhalt in Kürze: Wenn Ihre Krankentagegeldversicherung den vertraglich vereinbarten Tagessatz herabsetzt, haben Sie sehr gute Chancen, sich gegen die Leistungskürzung zu wehren.

Als Fachanwalt für Medizinrecht mit Kanzleisitz in Zeven vertritt Arne Michaelis seit vielen Jahren Mandantinnen und Mandanten im gesamten Bundesgebiet – insbesondere in Fragen rund um das Krankentagegeld. Zwei aktuelle Urteile des Bundesgerichtshofs (BGH) bringen nun mehr Rechtssicherheit für Versicherte.

Das Grundproblem:

Wer wegen Krankheit nicht arbeiten kann, steht schnell vor finanziellen Herausforderungen – besonders Selbstständige und Freiberufler. Eine private Krankentagegeldversicherung kann hier absichern: Sie zahlt im Krankheitsfall einen zuvor vereinbarten Tagessatz aus, um den Einkommensausfall abzufangen. Doch was passiert, wenn sich das Einkommen des Versicherten ändert – zum Beispiel, weil das Geschäft schlechter läuft? Darf der Versicherer dann einfach das Krankentagegeld kürzen?

Was hat der BGH entschieden?

1. Urteil vom 6. Juli 2016 (Az.: IV ZR 44/15)

In diesem Fall hatte der Versicherer in seinen Allgemeinen Versicherungsbedingungen (MB/KT 2009) die übliche Klausel vorgesehen, nach der er das Krankentagegeld kürzen durfte, wenn das Einkommen des Versicherten gesunken war. Die Argumentation: Das Krankentagegeld solle den tatsächlichen Verdienstausfall ausgleichen – sei dieser geringer, müsse auch die Leistung sinken.

Der BGH hat diese Klausel jedoch für unwirksam erklärt. Warum? Weil sie für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer nicht transparent und damit nicht verständlich genug war. Versicherte konnten nicht klar erkennen, unter welchen Voraussetzungen und nach welchen Kriterien ihr Anspruch gekürzt werden sollte.

Der BGH stellte klar: Versicherungsbedingungen müssen so formuliert sein, dass sie für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer nachvollziehbar sind. Das war hier nicht der Fall.

2. Urteil vom 12. März 2025 (Az.: IV ZR 32/24)

In diesem aktuelleren Fall ging es um eine neue, leicht geänderte Klausel – inhaltlich aber mit derselben Idee: Wenn das Einkommen sinkt, soll auch das Krankentagegeld sinken.

Die Versicherung hatte diese Klausel in den schon bestehenden Vertrag eingebracht, nachdem der BGH im Jahr 2016 die bisherige Klausel für unwirksam erachtet hatte. Das Ziel der Versicherung war eine neue Möglichkeit zu schaffen, die vereinbarte Leistung einseitig herabzusetzen. 

Doch auch hier schob der BGH einen Riegel vor: Die neue Klausel ist ebenfalls unwirksam. Der Versicherer könne sich nicht einfach durch eine Umformulierung aus der Verantwortung stehlen.

Wichtig ist dabei die grundsätzliche Aussage des Gerichts: Das Risiko, dass sich das Einkommen eines Versicherten verändert, liegt beim Versicherer. Es ist gerade Sinn und Zweck einer Krankentagegeldversicherung, dass der vereinbarte Tagessatz stabil bleibt – auch bei veränderten Einkommensverhältnissen.

Was bedeutet das für Versicherte?

Die beiden Urteile sind ein echter Gewinn für Versicherte:

Wenn Ihre Versicherung versucht, das Krankentagegeld mit dem Hinweis auf gesunkenes Einkommen zu kürzen, lohnt sich der Gang zum Anwalt – oft mit guten Erfolgsaussichten.


Fazit

Die Rechtsprechung des BGH stellt klar: Versicherer dürfen ihre Leistungen aus der Krankentagegeldversicherung nicht eigenmächtig und nicht aufgrund von schwankendem Einkommen kürzen. Versicherte haben ein Recht auf das, was sie bei Vertragsschluss vereinbart haben – nicht weniger.

Der BGH stärkt mit seiner jüngsten Entscheidung vom 12.03.2025 einmal mehr die Auffassung, dass es sich bei der Krankentagegeldversicherung um eine Summenversicherung handelt und stärkt damit auch die Argumentation in Verfahren, in denen die Kürzung des Krankentagegeldes wegen anderer Leistungen im Krankheitsfalle streitig ist. 

Wer sich unsicher ist, ob seine Versicherung korrekt handelt oder sich gegen eine Kürzung wehren möchte, sollte rechtlichen Rat einholen. Gerne unterstütze ich Sie dabei.